Internationales Jugendtreffen in Buchenwald/Weimar
Politisch-historische Bildung anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung des KZ Buchenwalds
Vom 04.-07. April versammelten sich rund 500 junge Menschen aus zehn europäischen Ländern zu meinem internationalen Jugendtreffen in der Gedenkstätte Buchenwald. Anlass war der 80. Jahrestag der Selbstbefreiung des Konzentrationslagers Buchenwald am 11. April 1945.
Die größte Delegation reiste aus Belgien an, doch auch Jugendliche aus Ländern wie Portugal, Spanien, Italien und Ungarn nahmen teil. In der deutschen Delegation waren auch Jugendliche der Jahrgangsstufe Q1 der Heinrich-Böll-Gesamtschule Bornheim mit dabei.
Organisiert wurde die Veranstaltung von der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR), der belgischen „Confederation Nationale des Prisonniers Politiques et Ayant Droits“ (CNPPA) sowie dem „War Heritage Institute“ in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos (IKBD) und den deutschen Lagergemeinschaften Buchenwald-Dora.
Freitag, 04.04.25 Tag der Anreise
Unsere Gruppe traf sich in der Frühstückspause in der Schule in Merten zum gemeinsamen Aufbruch nach Weimar. Trotz Schienenersatzverkehr zwischen Andernach und Koblenz und dem Ausfall unseres ICEs Richtung Frankfurt, erreichten wir – glücklicherweise, Weimar sogar eine Stunde früher als geplant. Dadurch konnten wir in Ruhe unsere Zimmer im Zentrum Weimars in der Jugendherberge „Am Poseckschen Garten“ beziehen, zu Abendbrot essen und uns auf den nächsten Tag inhaltlich vorbereiten.
Neben einem kurzen inhaltlichen Vortrag zur Geschichte und Funktion des Lagers Buchenwald im Nationalsozialismus, ging es vor allem um einen persönlichen Austausch und Vorbereitung des kommenden Tages. Zu folgenden Fragen sind wir ins Gespräch gekommen:
1) Sind Deiner Meinung nach Gedenkstätten wichtig?
Warum/warum nicht?
2) Welche Erwartungen hast Du an den Besuch der Gedenkstätte? Hast Du Fragen, Bedenken oder
Befürchtungen? Welche?
In der Jugendherberge „Am Poseckschen Garten“ waren mit uns auch andere Jugendgruppen aus Deutschland und Belgien untergebracht.
Samstag, 05.04.25 Annäherung an einen Ort
Nach dem gemeinsamen Frühstück sind wir von der Jugendherberge von einem Reisebus abgeholt worden und zum Ettersberg gefahren. Dort befindet sich das sog. Hauptlager mit dem markanten Eingangstor des KZ Buchenwald-Dora Komplexes. Die Bushaltestelle auf dem Ettersberg ist inmitten einer ehemaligen SS-Kasernen Anlage, die dem Lager zugehörig war. Die unzähligen Gebäude machten sehr deutlich welche Ausmaße dieses Lager hatte. In einem der Gebäude befindet sich heute das Besucherzentrum mit dem pädagogischen Dienst, einem sehr gut sortierten Buchladen und einem Restaurant/ Cafe.
Vor dem Besucherzentrum standen bei unserer Ankunft schon viele Jugendliche und andere Gäste, die anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Buchenwald auf den Ettersberg gekommen waren. Vor Ort sind wir dann in unzählige Kleingruppen aufgeteilt worden, die gemeinsam den Vormittag im Rahmen einer Führung das Lager besichtigen konnten. Wir wurden von einer Geschichtslehrerin aus Suhl durch das Lager geführt. Neben all den Orten, die uns aufgrund ihrer dort stattgefunden Grausamkeiten lähmten, gab es auch sehr berührende Momente. Am Eingangstor trafen wir auf eine Gruppe Franzosen/ Französinnen. Vielen von Ihnen waren Nachkommen von Buchenwald-Häftlingen. „Mein Vater war in Buchenwald.“ sagte ein älterer Herr. Daraus entwickelten sich intime, persönliche Gespräche.
Nach der Führung waren wir sehr froh, dass wir uns zu warmen Getränken und leckerem Essen im Besucherzentrum aufwärmen konnten. Anschließend besuchten wir gemeinsam mit Herrn Janott das Museum des Lagers. Dieses hatte zahlreiche Erinnerungsstücke an die Zeit ab 1937, den Bau des Lagers, bis 1945 ausgestellt. Besonders interessant war dabei, dass so viele der Schriftstücke und originale Gegenstände, noch gut erhalten, ausgestellt waren. Auch das Alter der Häftlinge, 2-86 Jahre aus über 50 verschiedenen Ländern war besonders eindrucksvoll. Vieles war sehr bedrückend.
Nach dem Abendessen in der Jugendherberge gab es noch die Möglichkeit sich im Rahmen einer moderierten Diskussion mit anderen Jugendlichen aus ganz Europa auszutauschen. Dabei waren Jugendliche aus Italien, Ungarn, Portugal und Belgien. Diese war sehr interessant, da dort viele unterschiedliche, länderspezifische Positionen vertreten wurden. Insbesondere die Frage nach der AFD in Deutschland war von großer Bedeutung für die Gruppen aus den anderen Ländern. Neben der
interessanten inhaltlichen Auseinandersetzung war es toll, dass die Jugendlichen der Heinrich-Böll-Gesamtschule ebenso ihr Englisch anwenden konnten.
Sonntag, 06.04.25 Wir erinnern gemeinsam
Am Sonntag war der eigentliche Gedenktag der Befreiung. Diesen haben wir morgens zusammen mit Jugendlichen aus den anderen Ländern mit einem Gedenkmarsch entlang der „Blutstraße“ begonnen. Dazu wurden wir wieder von der Jugendherberge mit dem Reisebus abgeholt, der uns zum sog. Obelisken gebracht hat. Von dort aus sind wir dann gemeinsam in Stillem Gedenken mit hunderten Jugendlichen die „Blutstraße“ entlang bis zum zentralen Mahnmal der Gedenkstätte. Hierbei wurde während des Marsches an den Gesprächen v.a. mit den Jugendlichen aus Italien vom Vorabend angeknüpft.
An der Straße der Nationen gab es vor dem deutschen Gedenkstein ein Erinnern an einige Persönlichkeiten, die in Buchenwald inhaftiert waren. Anschließend nahmen wir an der gemeinsamen Kundgebung der Jugend am Glockenturm teil. Bei dieser wurden auch Blumen und Kränze am Mahnmal niedergelegt. Diese Kundgebung bildete den emotionalen Höhepunkt des Treffens - ein Zeichen der Erinnerung und des Zusammenhalts über nationale Grenzen hinweg.
Obwohl wir schon alle ziemlich durchgefroren waren, nahm ein Großteil der Gruppe dann noch an der zentralen Gedenkveranstaltung des IKBD auf dem sog. Appellplatz des KZ Buchenwalds teil. Neben viel „Polit-Prominenz“ waren auch etwa 15 Zeitzeug*innen anwesend, die zum Teil Häftlingskleidung trugen. Die Gedenkfeier wurde mit einer Rede des Zeitzeugen Naftali Fürst aus Israel, welcher an die Taten und Verbrechen der SS erinnerte und an alle appellierte diese Geschehnisse nie zu vergessen und diese Erinnerungen an die nächsten Generationen weiterzutragen, eröffnet. Insgesamt war auch diese Veranstaltung sehr bewegend. Die Jugendlichen haben zurückgemeldet, dass es für sie besonders beeindruckend war Überlebenden des KZs „zu begegnen“.
Den Abend verbrachten wir müde und gesellig mit vielen anderen Jugendlichen in unserer Jugendherberge.
Montagvormittag, 07.04.25 Ein Tag in Weimar/ Abreise
Am Montag sind wir gegen 14.00 Uhr mit dem Zug wieder Richtung Bonn gefahren. Vorher hatten wir die Möglichkeit die Stadt Weimar individuell zu erkunden. Die Stadt ist bekannt für die Schriftsteller und Lyriker Goethe und Schiller. Etwas weniger bekannt sind die Schriftsteller Herder und Wieland, welche ebenfalls in Weimar lebten. Auch die Verfassung der Weimarer Republik,1918-1933, wurde in Weimar erarbeitet und in Kraft gesetzt.
Wir bedanken uns bei allen Förderern dieses einmaligen Projektes ohne die wir diese Erfahrung niemals hätten machen können.